Elektroinstallation modernisieren: So sichern Sie Altbauten und machen sie zukunftsfähig

Elektroinstallation modernisieren: So sichern Sie Altbauten und machen sie zukunftsfähig
Heimwerken & Renovierung

Wenn Sie in einem Altbau wohnen, dann ist Ihre Elektroinstallation vielleicht älter als Sie selbst. Viele Häuser aus den 1950er bis 1970er Jahren haben noch die ursprüngliche Elektrik - mit zwei Drähten, ohne Schutzleiter, mit nur vier oder sechs Sicherungen und Steckdosen, die kaum mehr ausreichen. Das klingt vielleicht unbedenklich - bis es brennt. Oder bis Sie einen Stromschlag bekommen. Oder bis Ihre Waschmaschine den Stromkreis überlastet und die Sicherung rausfliegt - wieder einmal. Elektroinstallation modernisieren ist kein Luxus, wenn Sie in einem älteren Haus leben. Es ist eine Frage von Sicherheit, Recht und Zukunft.

Warum Ihre alte Elektrik ein Sicherheitsrisiko ist

In Deutschland werden 27 % aller Wohnungsbrände durch defekte Elektroinstallationen ausgelöst. Das sagt die Feuerwehrstatistik 2022. Und der größte Risikofaktor? Zwei-Leiter-Systeme ohne Schutzleiter. Bis in die 1970er-Jahre war das Standard. Heute sind diese Systeme noch in 38 % der Altbauten vorhanden. Was bedeutet das konkret? Wenn ein Gerät defekt ist und Strom in den Gehäuse fließt, gibt es keinen sicheren Weg zum Erdreich. Der Strom sucht sich einen anderen Weg - vielleicht durch Ihren Körper. Die TÜV Rheinland-Studie 2022 zeigt: Das Risiko eines tödlichen Stromschlags steigt um das 4,7-Fache, wenn kein Schutzleiter vorhanden ist.

Dazu kommt die Überlastung. In einem modernen Haushalt laufen Waschmaschine, Trockner, Herd und Kühlschrank gleichzeitig. In einem Altbau mit nur sechs Sicherungen ist das eine Zeitbombe. 63 % der Altbauten mit Original-Elektrik haben regelmäßig Probleme mit ausgelösten Sicherungen. Warum? Weil ein einzelner Stromkreis heute bis zu 3.680 Watt tragen darf - aber ein Induktionskochfeld allein braucht 7.400 Watt. Das geht nicht. Und wenn Sie stattdessen eine Mehrfachsteckdose an eine andere hängen, erhöhen Sie das Brandrisiko um das 3,4-Fache. Das sagt die Verbraucherzentrale Bundesverband. Das ist kein Mythos. Das ist Statistik.

Was die Gesetze vorschreiben - und was Sie wirklich tun müssen

Die VDE-Norm 0100-410:2018-10 ist Ihr Maßstab. Sie sagt klar: Jede neue oder umfassend erneuerte Elektroinstallation muss den aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen. Und hier kommt der entscheidende Punkt: Wenn Sie mehr als 60 % der bestehenden Elektroinstallation erneuern, verlieren Sie den sogenannten Bestandsschutz. Das heißt: Sie dürfen nicht einfach nur ein paar neue Steckdosen einbauen und den Rest lassen. Sie müssen die ganze Anlage auf den neuesten Stand bringen. Das ist kein Wunsch, das ist Gesetz.

Das bedeutet konkret:

  • Ein Fehlerstrom-Schutzschalter (FI-Schalter) mit maximal 30 mA Auslösestrom - und zwar für jeden Stromkreis. Keine Ausnahmen. Keine Kompromisse.
  • Mindestens 12 separate Stromkreise. Früher reichten 4-6. Heute brauchen Sie einen für die Küche, einen für das Bad, einen für die Heizung, einen für jedes Schlafzimmer und separate Kreise für große Geräte wie Herd oder Ladestation.
  • Steckdosen nach RAL-RG 678: mindestens eine pro 4 m² Raumfläche. Und das ist die Untergrenze. Experten raten: Planen Sie 20 % mehr ein. Denn jeder Haushalt kauft alle fünf Jahre drei neue Geräte - Smart Speaker, Ladestation, Luftreiniger, Kaffeemaschine mit App-Steuerung.

Der Bundesgerichtshof hat 2012 entschieden: Auch in nicht sanierten Altbauwohnungen müssen genügend Steckdosen vorhanden sein, um den normalen Haushaltsbedarf zu decken. Das heißt: Wenn Sie vermieten und Ihre Steckdosen nicht ausreichen, haften Sie. 2022 gab es 38 Gerichtsverfahren, in denen Mieter Schadensersatz wegen fehlender Steckdosen oder unsicherer Elektrik verlangten - von 8.500 bis zu 42.000 €.

Was eine moderne Elektroinstallation heute leistet

Eine moderne Elektroinstallation ist mehr als Sicherheit. Sie ist die Grundlage für die Zukunft. 92 % der neu installierten Systeme sind heute Smart-Home-fähig. Sie können Licht, Heizung, Steckdosen und sogar Ihre Waschmaschine per App steuern. Das geht mit einer alten Anlage nicht. Warum? Weil die Leitungen nicht dafür ausgelegt sind. Sie haben keine Datenleitungen, keine vorgesehenen Kabelkanäle, keine zentrale Steuerung. Alles muss nachträglich mühsam eingebaut werden - oft mit unschönen Kabeln an der Wand.

Und dann ist da noch die Energieeffizienz. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) empfiehlt: Kombinieren Sie die Elektrosanierung mit energieeffizienten Lösungen. Das kostet etwa 12 % mehr - aber spart jährlich 150 bis 200 € Stromkosten. Wie? Mit smarter Lastverteilung, LED-Beleuchtung, intelligenten Steckdosen, die Geräte im Standby abschalten, und einer Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Die VDE 0100-722, die ab 2024 gilt, verlangt bereits für neue Wohnungen Ladepunkte mit Sicherheitsfunktionen. Wer jetzt sanieren lässt, ist für die Zukunft gerüstet.

Vergleich zwischen gefährlicher alter Elektrik und moderner, sicherer Installation in surrealistischem Stil.

Was kostet eine Elektrosanierung - und lohnt sie sich?

Die Kosten für eine Komplettsanierung einer 80 m² Wohnung liegen zwischen 9.500 und 12.000 €. Das klingt viel. Aber rechnen Sie mal nach:

  • Die Versicherung spart Ihnen durch normgerechte Elektrik bis zu 18 % an Haftpflichtprämien - das sind 150-250 € pro Jahr.
  • Die Energieeinsparung durch Smart-Home-Technik bringt weitere 150-200 € im Jahr.
  • Ein Brand in einem Altbau kostet im Durchschnitt 50.000 € - und die Versicherung zahlt nicht, wenn die Elektrik nicht normgerecht war. 2022 gab es 147 Fälle, in denen Versicherungen den Schadensersatz verweigerten, weil die Elektrik nicht geprüft wurde.
  • Die Immobilie wird nach einer Sanierung durchschnittlich 7,5 % wertvoller. Das sind bei einer 300.000 € Wohnung 22.500 € mehr.

Und das ist nur der Anfang. Der Markt für Elektrosanierungen wächst jährlich um 6,3 %. 74 % der Altbau-Eigentümer planen eine Sanierung in den nächsten fünf Jahren. Warum? Weil sie endlich verstehen: Es geht nicht um Schönheit. Es geht um Überleben.

Wie läuft eine Sanierung ab - Schritt für Schritt

Eine Elektrosanierung ist kein DIY-Projekt. Sie brauchen einen zertifizierten Elektrofachbetrieb. Hier ist der Ablauf:

  1. Erstprüfung (150-300 €): Ein Elektriker kommt, prüft Ihre Anlage, macht Fotos, misst die Widerstände, prüft den FI-Schalter - und gibt Ihnen einen schriftlichen Bericht mit Risikobewertung.
  2. Sanierungskonzept: Basierend auf Ihrer Nutzung (wie viele Geräte, ob E-Auto, ob Smart Home) wird ein Strombedarfsplan erstellt. Wie viele Kreise? Wo kommen die Leitungen hin? Wo werden die Steckdosen platziert?
  3. Zählerschrank austauschen: Der alte Kasten mit den Sicherungen verschwindet. Ein neuer, moderner Verteilerkasten mit FI-Schutzschaltern und mindestens 12 Teilströmen kommt.
  4. Leitungen verlegen: Alte Kabel werden entfernt. Neue, doppelisolierte Leitungen mit Schutzleiter werden verlegt - oft in Putzschichten, manchmal in Kanälen. Hier entstehen oft Überraschungen: 68 % der Sanierungen stoßen auf versteckte Leitungen, die nicht auf dem Plan standen. Das kann die Kosten um 18 % erhöhen.
  5. Steckdosen und Schalter einbauen: Nach RAL-RG 678, mit ausreichend Abstand zu Wasserquellen, mit kindersicheren Steckdosen in Kinderzimmern, mit USB-Anschlüssen in der Küche.
  6. Abnahme und Dokumentation: Der Elektriker gibt Ihnen den Elektro-Abnahmeprotokoll (EAP) - das brauchen Sie für die Versicherung und für den Verkauf.

Die gesamte Sanierung dauert bei einer 80 m² Wohnung 5-7 Arbeitstage. Aber die Planung braucht 8-12 Wochen. Warum? Weil Sie nicht einfach nur Kabel verlegen. Sie müssen die Bauphase abstimmen, Putz- und Malerarbeiten koordinieren, eventuell Wandöffnungen vorbereiten. Planen Sie frühzeitig.

Haus wird von moderner Elektrik in die Zukunft gezogen, während Verfall zerfällt – psychedelische Illustration.

Was Sie bei denkmalgeschützten Häusern beachten müssen

In historischen Gebäuden wird es kompliziert. Der Denkmalschutz will keine sichtbaren Kabel, keine neuen Leitungen in alten Wänden. Aber die VDE 0100-410 will Sicherheit. Da gibt es Konflikte. Prof. Dr. Klaus-Peter Möller von der TU Berlin sagt: „In denkmalgeschützten Gebäuden führt die strikte Umsetzung oft zu Spannungen zwischen Schutz des Bauwerks und Schutz der Menschen.“

Was tun? Es gibt Lösungen: Versteckte Leitungen in Boden- oder Deckenkonstruktionen, Kabelkanäle in Sockeln, oder sogar Drahtlos-Systeme für Licht und Steckdosen, die mit Funk kommunizieren. Der Schlüssel: Frühzeitig mit dem Denkmalschutz sprechen. Nicht nach dem Bau. Vor dem Bau. Und mit einem Elektriker, der Erfahrung mit Denkmalschutz hat. Es ist teurer, aber möglich.

Was passiert, wenn Sie nichts tun?

Wenn Sie nichts tun, passiert nichts - bis es passiert. Ein Kurzschluss. Ein Brand. Ein Schlag. Eine Versicherung, die nicht zahlt. Ein Mieter, der klagt. Ein Gutachter, der den Wert Ihrer Immobilie halbiert. Die VDE 0105 schreibt vor: Elektrische Anlagen müssen alle vier Jahre geprüft werden. Wer das ignoriert, verliert den Versicherungsschutz. 2022 wurde das in 147 Fällen durchgesetzt.

Die Initiative ELEKTRO+ sagt es klar: „Jeder Nutzer elektrischer Anlagen hat ein Recht auf größtmögliche Sicherheit. Damit ist klar, dass die elektrische Sicherheit immer Vorrang vor dem Bestandsschutz hat.“

Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen. Es geht darum, nicht zu warten, bis es zu spät ist.

Wie erkenne ich, ob meine Elektroinstallation veraltet ist?

Sie haben nur 4-6 Sicherungen im Kasten? Keine FI-Schalter? Steckdosen ohne Erdung? Kabel, die aus den Wänden ragen? Dann ist Ihre Anlage veraltet. Auch wenn alles „funktioniert“ - das ist kein Zeichen von Sicherheit. Ein zertifizierter Elektriker kann in 30 Minuten prüfen, ob Sie den aktuellen Normen entsprechen.

Kann ich die Elektroinstallation selbst erneuern?

Nein. Die Installation von Stromleitungen in Wohngebäuden ist in Deutschland nur von zertifizierten Elektrofachkräften erlaubt. Selbst wenn Sie sich gut auskennen - Sie dürfen keine neuen Leitungen verlegen, keinen Verteilerkasten wechseln oder FI-Schalter einbauen. Das ist nicht nur verboten, es ist lebensgefährlich. Und Ihre Versicherung zahlt nicht, wenn etwas schiefgeht.

Muss ich als Mieter die Elektroinstallation sanieren?

Nein. Als Mieter sind Sie nicht verpflichtet, die Elektroinstallation zu erneuern. Aber der Vermieter schon. Er muss dafür sorgen, dass die Anlage sicher und normgerecht ist. Wenn die Steckdosen nicht ausreichen, der FI-Schalter fehlt oder die Leitungen defekt sind, kann er haftbar gemacht werden. Sie können ihn schriftlich auffordern, eine Prüfung durchzuführen - und bei Nichtbeachtung den Mieterbund einschalten.

Was bringt eine Sanierung, wenn ich die Wohnung bald verkaufe?

Eine modernisierte Elektroinstallation erhöht den Verkaufswert Ihrer Immobilie um durchschnittlich 7,5 %. Käufer von Altbauten fragen immer nach der Elektrik. Ein aktueller Elektro-Abnahmeprotokoll (EAP) ist ein Verkaufsargument. Ohne ihn wird die Immobilie oft als „riskant“ abgestuft - und der Preis sinkt. Außerdem: Käufer mit E-Auto oder Smart Home brauchen eine zukunftsfähige Anlage. Ohne sie bleibt Ihre Wohnung unattraktiv.

Kann ich die Sanierung in Etappen machen?

Ja - aber mit Vorsicht. Sie können erst die Küche sanieren, dann das Bad. Aber: Wenn Sie später mehr als 60 % der Anlage erneuern, müssen Sie die gesamte Elektrik auf den neuesten Stand bringen. Deshalb ist es sinnvoller, gleich die komplette Anlage zu planen - auch wenn Sie die Kosten über mehrere Jahre verteilen. Ein Elektriker kann Ihnen einen Masterplan erstellen, den Sie Schritt für Schritt umsetzen.