Asbest in Altbauten erkennen, bewerten und sicher sanieren

Asbest in Altbauten erkennen, bewerten und sicher sanieren
Heimwerken & Renovierung

Wenn Sie in einem Haus gebaut vor 1993 leben, dann befindet sich mit hoher Wahrscheinlichkeit Asbest in Ihren Wänden, auf Ihrem Dach oder unter Ihrem Bodenbelag. Sie sehen es nicht, riechen es nicht, spüren es nicht. Doch es ist da. Und es kann tödlich sein - wenn es gestört wird. Seit Januar 2025 gilt in Deutschland eine neue Regelung: In jedem Gebäude, das vor 1993 errichtet wurde, wird Asbest als vorhanden angenommen. Das bedeutet: Keine teuren Untersuchungen mehr. Keine Diskussionen. Nur noch Schutzmaßnahmen.

Wo genau liegt das Asbest in Ihrem Haus?

Asbest war der perfekte Baustoff - billig, feuerfest, langlebig und isolierend. Deshalb wurde er von den 1930er bis zu seinem Verbot 1993 überall verwendet. In Altbauten finden Sie ihn nicht nur an einer Stelle, sondern an mehreren. Typische Fundorte sind:

  • Dach- und Fassadenplatten aus Eternit (graugrün, rau, oft mit Wellenprofil)
  • Fensterbänke aus Asbestzement, besonders in Gebäuden aus den 60er und 70er Jahren
  • Kleber unter Fliesen, Linoleum oder Teppichboden - oft unsichtbar, aber gefährlich beim Abschleifen
  • Asbestwolle als Dämmung in Wänden, Decken oder zwischen Bodenplatten
  • Nachtspeicherheizungen vor 1978: Asbest als Hitzeschutz in Isolatoren, Flanschdichtungen und Kernplatten
  • Dämmplatten hinter Heizkörpern oder in Kellerräumen

Die meisten dieser Materialien sehen aus wie normaler Zement, Beton oder Gips. Nur an gebrochenen Kanten oder Rissen zeigt sich manchmal eine faserige Struktur - aber selbst das ist kein sicherer Hinweis. Asbest ist kein roter Faden, der auffällt. Er ist versteckt. Und das macht ihn so gefährlich.

Warum ist Asbest so gefährlich?

Asbest ist kein Gift, das Sie sofort krank macht. Es ist ein Zeitbombe. Die Fasern, die beim Bohren, Sägen, Schleifen oder Abbruch freigesetzt werden, bleiben jahrzehntelang in der Lunge. Sie verursachen Entzündungen, Narbenbildung und - Jahre später - Lungenkrebs, Mesotheliom oder Asbestose. In Europa sterben jedes Jahr rund 47.000 Menschen an Asbestfolgeerkrankungen. Das sind mehr als durch Verkehrsunfälle.

Die Gefahr entsteht nur, wenn das Material beschädigt wird. Ein intaktes Dach aus Eternitplatten ist kein Risiko. Aber wenn Sie es abreißen, um ein neues zu installieren, oder wenn Sie eine Wand bohren, um eine Steckdose einzubauen - dann setzen Sie Fasern frei. Und diese Fasern sind so klein, dass sie durch normale Staubmasken fließen. Nur spezielle Atemschutzgeräte der Klasse P3 halten sie zurück.

Was hat sich seit Januar 2025 geändert?

Die neue Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) vom Dezember 2024 hat alles vereinfacht - und gleichzeitig strenger gemacht. Vorher mussten Handwerker oder Eigentümer erst prüfen, ob Asbest vorhanden ist. Das kostete Zeit und Geld. Jetzt gilt: Alle Gebäude vor 1993 enthalten Asbest. Punkt.

Das bedeutet:

  • Sie brauchen keine teuren Laboranalysen mehr, um zu prüfen, ob Asbest da ist.
  • Alle Arbeiten in diesen Gebäuden - ob Bohren, Streichen, Sanieren - müssen mit Schutzmaßnahmen durchgeführt werden.
  • Die Verantwortung liegt beim Auftraggeber: Sie als Hausbesitzer müssen sicherstellen, dass die Handwerker die Regeln kennen und einhalten.
  • Laien dürfen Asbest nicht selbst bearbeiten. Das ist gesetzlich verboten und kann mit Geldstrafen bis zu 50.000 Euro bestraft werden.

Das ist kein kleiner Änderungswunsch. Das ist ein Paradigmenwechsel. Die Behörden gehen jetzt davon aus, dass Asbest überall ist - und sie wollen, dass jeder damit umgeht, als wäre es da. Keine Ausreden. Keine Risiken.

Eine Hand bohrt in einer Wand, während Asbestfasern sich als schlangenartige Strukturen aus dem Bodenbelag winden.

Können Sie Asbest mit dem Auge erkennen?

Nein. Und das ist das Problem.

Asbest ist nicht rot, nicht gelb, nicht glänzend. Es ist meistens grau, grünlich-grau oder weißlich. Es ist in Zement gebunden, vermischt mit Sand, Kalk oder anderen Materialien. Selbst erfahrene Handwerker können es nicht sicher identifizieren. Ein Loch in einer Wand? Ein abgebrochener Rand? Das könnte Asbest sein - oder auch nicht. Ohne Laboranalyse bleibt es eine Vermutung.

Was Sie aber tun können: Prüfen Sie die Bauakten. Wenn Sie sie haben. Oft steht dort genau, welche Materialien verwendet wurden. Hat das Haus ein Eternit-Dach aus den 70ern? Dann ist Asbest fast sicher. Wurde es in den 80ern saniert? Dann könnte der neue Bodenbelag auch Asbest enthalten - denn bis 1993 war alles erlaubt.

Ein Tipp: Wenn Ihr Haus zwischen 1930 und 1993 gebaut wurde und nie umfassend saniert wurde, dann gehen Sie davon aus: Asbest ist da. Überall. Und behandeln Sie es so.

Was tun, wenn Sie Asbest finden?

Wenn Sie eine verdächtige Stelle entdecken - etwa eine beschädigte Dachplatte oder eine lose Faser an einer Bohrung - dann: Nicht anfassen. Nicht bohren. Nicht abschleifen.

Die einzige sichere Methode, um Asbest zu bestätigen, ist eine Laboranalyse. Dafür müssen Sie eine zertifizierte Fachfirma beauftragen. Die nimmt kleine Proben - unter Schutzmaßnahmen - und sendet sie in ein Labor. Das Ergebnis kommt in 3-7 Tagen. Wenn Asbest bestätigt wird, dann beginnt die Sanierung.

Sanieren bedeutet nicht immer entfernen. Manchmal reicht es, das Material zu versiegeln - mit speziellem Lack oder Folie. Das nennt man „Einkapselung“. Es ist günstiger, schneller und weniger gefährlich als die vollständige Entfernung. Aber nur, wenn das Material intakt ist. Bei brüchigen Platten, beschädigten Dämmungen oder alten Klebern ist Entfernung nötig.

Die Kosten variieren stark:

  • Versiegelung von Asbestplatten: 15-25 € pro Quadratmeter
  • Vollständige Entfernung von Dachplatten: 60-100 € pro Quadratmeter
  • Entfernung von Bodenklebern: 30-50 € pro Quadratmeter
  • Entfernung von Asbestdämmung aus Wänden: 80-120 € pro Quadratmeter

Die Arbeiten dauern bei einem Einfamilienhaus meist 1-2 Wochen. Und sie dürfen nur von zertifizierten Betrieben durchgeführt werden - nach TRGS 519. Das sind nicht irgendwelche Handwerker. Das sind Spezialisten mit Atemschutz, Absauggeräten, Abdeckplanen und speziellen Entsorgungsverfahren. Die Kosten sind hoch - aber der Preis für falsches Handeln ist höher.

Was passiert, wenn Sie es selbst versuchen?

Einige Hausbesitzer denken: „Ich mache das selbst. Es ist doch nur ein kleiner Teil.“ Das ist tödlicher Irrtum.

Ein unsachgemäßer Asbestabtrag kann die Konzentration von Fasern in der Raumluft um das 100-fache erhöhen. Ein einziger Bohrer, ein falscher Staubsauger, eine ungeschützte Hand - und Sie verbreiten Krebs. Nicht nur für sich selbst. Für Ihre Kinder, Ihre Nachbarn, Ihre Handwerker.

Die Strafen sind nicht nur finanziell. Wer Asbest selbst entfernt, riskiert eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung. Und wenn jemand später an Asbestose erkrankt, kann das zu zivilrechtlichen Schadensersatzklagen führen - mit Millionensummen.

Kein Hauswert, keine Renovierung, kein Sparplan ist es wert, das Leben Ihrer Familie zu gefährden.

Ein Wohnzimmer im X-Ray-Stil: unsichtbare Asbestfasern durchziehen Wände, Boden und Decke wie leuchtendes Gewebe.

Wie finden Sie einen seriösen Sanierer?

Nicht jeder, der „Asbestsanierung“ sagt, ist auch qualifiziert. Suchen Sie nach:

  • Zertifizierung nach TRGS 519 (Technische Regeln für Gefahrstoffe)
  • Eintrag im Verzeichnis der zertifizierten Unternehmen der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz)
  • Referenzen zu mindestens drei ähnlichen Projekten
  • Klare Angaben zu Schutzmaßnahmen, Entsorgung und Nachkontrolle

Vermeiden Sie Angebote, die zu gut klingen: „Wir räumen alles in einem Tag weg - für 5.000 Euro.“ Das ist entweder Betrug oder ein Risiko. Seriöse Unternehmen geben Ihnen einen detaillierten Sanierungsplan, zeigen Ihnen ihre Zertifikate und erklären, wie sie die Fasern binden, absaugen und entsorgen.

Die Branche wächst: In Deutschland gibt es rund 1.200 zertifizierte Asbestsanierungsunternehmen. Der Markt hat ein Volumen von 1,2 Milliarden Euro pro Jahr. Es gibt genug Experten. Nutzen Sie sie.

Was kommt als Nächstes?

Die Bundesregierung hat einen Masterplan Asbest bis 2040. Ziel: Bis dahin sollen die meisten asbesthaltigen Bauteile in Deutschland entfernt sein - besonders in Schulen, Krankenhäusern und öffentlichen Gebäuden. Bis 2030 soll die Sanierung in diesen Gebäuden abgeschlossen sein.

Zusätzlich gibt es ab 2026 verstärkte Förderprogramme für energetische Sanierungen, die auch Asbestentfernung einschließen. Wenn Sie Ihr Haus saniert haben, können Sie unter Umständen staatliche Zuschüsse beantragen - für Dämmung, Fenster und Asbestentfernung zusammen.

Die Zeit arbeitet gegen Sie. Je älter das Gebäude, desto brüchiger die Materialien. Ein Dach aus den 60ern hält heute nicht mehr 20 Jahre - es bricht. Und wenn es bricht, setzt es Fasern frei. Deshalb: Handeln Sie jetzt. Nicht morgen. Nicht wenn es dringend ist. Jetzt.

Was Sie jetzt tun sollten

Wenn Ihr Haus vor 1993 gebaut wurde - und das ist fast jedes Haus - dann machen Sie das:

  1. Prüfen Sie: Ist Ihr Haus vor 1993 gebaut? Ja? Dann gehen Sie von Asbest aus.
  2. Sammlen Sie: Finden Sie die Bauakten. Oder fragen Sie den Vorbesitzer. Vielleicht hat jemand schon einmal getestet.
  3. Beobachten Sie: Gibt es beschädigte Dachplatten, lose Fugen, abgeplatzte Wandverkleidungen? Dokumentieren Sie es mit Fotos.
  4. Kontaktieren Sie: Eine zertifizierte Asbestfachfirma. Fragen Sie nach einem kostenlosen Erstgespräch.
  5. Planen Sie: Lassen Sie sich einen Sanierungsplan erstellen. Entscheiden Sie: Versiegeln oder entfernen?
  6. Handeln Sie: Beauftragen Sie die Sanierung - bevor Sie selbst etwas verändern.

Asbest ist kein Problem, das Sie ignorieren können. Es ist kein Problem, das Sie allein lösen können. Es ist ein Problem, das Sie mit Fachleuten angehen müssen. Und das ist nicht schwierig. Es ist einfach. Und es rettet Leben.

Kann ich Asbest selbst entfernen, wenn es nur eine kleine Stelle ist?

Nein. Das ist in Deutschland gesetzlich verboten. Selbst kleine Mengen Asbest können bei unsachgemäßer Handhabung tödliche Fasern in die Luft bringen. Die Strafen reichen bis zu 50.000 Euro, und Sie riskieren eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung. Es gibt keine Ausnahme - nicht mal für „nur eine Bohrung“.

Muss ich Asbest immer entfernen, oder reicht Versiegelung?

Es hängt vom Zustand ab. Wenn das Material intakt ist - keine Risse, keine Brüche, keine Lockerung - dann reicht eine Versiegelung mit speziellem Lack oder Folie. Das ist günstiger und sicherer. Aber wenn das Material brüchig ist, beschädigt oder bei Renovierungen gestört werden muss, dann muss es entfernt werden. Ein Sanierer prüft das vor Ort.

Wie lange dauert eine Asbestsanierung?

Bei einem Einfamilienhaus mit typischen Asbestfundstellen - wie Dachplatten und Bodenkleber - dauert die Sanierung meist 1 bis 2 Wochen. Das beinhaltet Abschottung, Entfernung, Reinigung und Nachkontrolle. Komplexere Fälle, wie Asbestdämmung in Wänden, können länger dauern. Die Dauer hängt vom Umfang und der Zugänglichkeit ab.

Kann ich mein Haus nach der Sanierung sofort bewohnen?

Ja, aber erst nach einer Nachkontrolle. Die Fachfirma führt nach der Sanierung eine Luftmessung durch, um sicherzustellen, dass keine Fasern mehr in der Luft sind. Erst wenn das Ergebnis unter dem Grenzwert liegt, wird die Freigabe erteilt. Das dauert meist 1-3 Tage nach Abschluss der Arbeiten.

Gibt es Fördermittel für die Asbestsanierung?

Ja. Seit 2026 gibt es verstärkte Förderprogramme des Bundes für energetische Sanierungen, die auch Asbestentfernung einschließen. Sie können Zuschüsse oder günstige Kredite vom KfW-Bankengruppe beantragen, wenn Sie Ihr Haus modernisieren und gleichzeitig Asbest entfernen. Die Förderung ist abhängig vom Energieeffizienzstandard, den Sie erreichen.