Eigenleistung bei Renovierungen: Wie viel Ersparnis ist wirklich möglich?

Eigenleistung bei Renovierungen: Wie viel Ersparnis ist wirklich möglich?
Immobilien & Bau

Wie viel Geld kannst du wirklich mit Eigenleistung bei einer Renovierung sparen?

Stell dir vor: Du willst dein Bad sanieren, die Wände neu streichen, den Boden verlegen - und alles selbst machen. Keine Handwerker, keine Rechnungen, nur du, ein Werkzeugkasten und ein großer Traum von Ersparnis. Klingt verlockend, oder? Aber wie viel von diesem Traum bleibt am Ende wirklich übrig?

Im Jahr 2025 ist die Realität anders als noch vor zehn Jahren. Baupreise sind seit 2015 um fast 50 % gestiegen. Grundstückspreise haben sich verdoppelt. Viele Hausbesitzer denken: Eigenleistung ist der einzige Weg, um sich ein Zuhause leisten zu können. Aber ist das wirklich so?

Die Zahlen sagen: Wer glaubt, mit Eigenleistung 20 % oder mehr an Kosten sparen zu können, täuscht sich. Die meisten Experten, vom Verband Privater Bauherren bis zur Technischen Universität München, sprechen von realistischen Einsparungen zwischen 5 % und 10 % der Gesamtkosten. Und das nur, wenn du genau weißt, was du tust.

Was kannst du wirklich selbst machen - und was nicht?

Nicht jede Arbeit ist für dich geeignet. Einige Aufgaben sind einfach, sicher und lohnen sich. Andere sind gefährlich, teuer im Fehlerfall und oft sogar verboten.

  • Gut geeignet: Streichen, Tapezieren, Bodenbeläge verlegen (Laminat, Parkett, Vinyl), Trockenbauwände aufstellen, einfache Möbel montieren, Gartenarbeit, Fenster reinigen, Putzarbeiten.
  • Risikoreich: Fliesenlegen (besonders in Nassbereichen), elektrische Installationen, Sanitärarbeiten, Heizungsanlagen, Dacharbeiten, Tragwerksveränderungen.

Warum das? Weil du hier nicht nur Zeit, sondern auch Haftung übernimmst. Die Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) verbietet es privaten Personen, elektrische Leitungen zu verlegen oder Steckdosen anzuschließen - es sei denn, du bist geprüfter Elektrofachkraft. Wer das ignoriert, riskiert nicht nur einen Kurzschluss, sondern auch Bußgelder bis zu 50.000 Euro. Und wenn danach ein Feuer ausbricht? Deine Versicherung zahlt nicht.

Ein Beispiel: Ein Badezimmer komplett neu fliesen - das klingt nach einem klaren Sparziel. Aber wenn die Fugen undicht werden, weil du nicht mit dem richtigen Kleber oder der richtigen Neigung gearbeitet hast, läuft das Wasser in die Decke der Wohnung darunter. Die Nachbarn klagen. Ein Schadensgutachter kommt. Die Reparatur kostet 8.000 Euro. Du hast 3.000 Euro gespart - und jetzt 5.000 Euro Verlust.

Die Wahrheit über die Kosten: Material vs. Zeit

Die meisten Leute rechnen nur mit Materialkosten. Das ist der größte Fehler.

Streichen einer Wand: Professionell kostet 10 Euro pro Quadratmeter. Du kaufst Farbe und Rolle für 4 Euro pro Quadratmeter. Klingt nach 60 % Ersparnis? Nicht ganz.

Du brauchst 12 Stunden für 30 Quadratmeter. Du zählst deinen Stundenlohn mit 25 Euro an. Das sind 300 Euro Zeitkosten. Material: 120 Euro. Gesamtkosten: 420 Euro. Professionell: 300 Euro. Du hast 120 Euro mehr ausgegeben - und hast jetzt müde Arme, eine verschmierte Wohnung und einen verärgerten Partner.

Die Zeitkosten sind der unsichtbare Faktor, den fast jeder vergisst. Und sie werden oft unterschätzt. Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt: 67 % der Eigenleistenden brauchen doppelt so lange wie geplant. Und 42 % müssen später Fachleute hinzuziehen, um Fehler zu beheben.

Ein weiterer Punkt: Werkzeug. Hast du eine Fliesen-Schneidemaschine? Einen Nivellierlaser? Eine Dampfreinigungsmaschine? Wenn du sie nicht hast, musst du sie mieten - und das kostet. Oder du kaufst sie. Und dann steht sie 3 Jahre ungenutzt in der Garage.

Ein verunglücktes Badezimmer mit fließendem Wasser, schiefen Fliesen und einem drohenden Bußgeld-Schild, während unten ein Nachbar erschrocken aufblickt.

Förderung? Nur für Material - nicht für deine Arbeit

Wenn du energetisch sanierst - Dämmung, Fenster, Heizung - dann gibt es Fördergelder vom Staat. Aber hier kommt die große Enttäuschung: Seit 2023 zahlt die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) nur noch die Materialkosten.

Beispiel: Du dämmst die Außenwand mit 5.000 Euro Material und 3.000 Euro Arbeitskosten. Professionell: 8.000 Euro Gesamtkosten. Du machst die Arbeit selbst. Material: 5.000 Euro. Arbeitskosten: 0 Euro. Förderung: 20 % von 5.000 = 1.000 Euro.

Wenn ein Handwerker es macht: 8.000 Euro Gesamtkosten. Förderung: 20 % von 8.000 = 1.600 Euro.

Du sparst 3.000 Euro an Arbeitskosten - aber verlierst 600 Euro Fördergeld. Nettoeinsparung: 2.400 Euro. Aber: Du hast 60 Stunden gearbeitet. Bei 25 Euro/Stunde: 1.500 Euro Zeitkosten. Jetzt bleibt nur noch 900 Euro echter Gewinn. Und das, wenn alles perfekt läuft.

Banken und Finanzierung: Eigenleistung zählt kaum

Wenn du ein Haus kaufst oder sanierst und einen Kredit brauchst, zählt deine Eigenleistung bei der Bank kaum.

Die Deutsche Bundesbank hat 2023 eine Umfrage unter 120 Banken durchgeführt. Ergebnis: 87 % akzeptieren Eigenleistung nicht als vollständigen Teil der Eigenkapitalquote. Die Sparkassen-Finanzgruppe erlaubt maximal 20.000 Euro als Anrechnung - egal, ob du 50.000 Euro Arbeit geleistet hast.

Warum? Weil die Banken keine Garantie haben, dass deine Arbeit sicher, ordentlich und rechtssicher ist. Sie wollen keine Risiken. Wenn du später eine Renovierung verkaufst, zählt die Qualität deiner Eigenleistung nicht. Ein Käufer sieht nur: Die Wände sind nicht perfekt verputzt, die Steckdosen sind falsch installiert, die Dämmung ist ungleichmäßig.

Deine Eigenleistung ist kein Vermögenswert. Sie ist eine Zeitinvestition - mit hohem Risiko.

Was funktioniert wirklich - und was nicht?

Einige Arbeiten lohnen sich wirklich. Andere nicht. Hier eine klare Einteilung:

Realistische Einsparpotenziale bei Eigenleistungen (2025)
Arbeit Professionell (€/m²) Material (€/m²) Einsparpotenzial Empfehlung
Malerarbeiten 8-15 2-5 60-75 % Sehr empfehlenswert
Tapezieren 10-18 3-6 70-80 % Empfehlenswert
Bodenbeläge (Laminat/Vinyl) 12-20 5-8 50-60 % Empfehlenswert
Fliesenlegen 35-50 10-15 50-60 % Nur bei Erfahrung
Elektroinstallation 25-40 5-10 60-70 % Nicht empfehlenswert
Sanitärinstallation 40-70 8-15 70-80 % Nicht empfehlenswert
Dacharbeiten 60-100 15-25 60-70 % Verboten

Die klare Botschaft: Streichen, Tapezieren, Boden verlegen - das sind deine besten Chancen. Alles, was mit Wasser, Strom oder Statik zu tun hat, ist ein Risiko, das sich kaum lohnt.

Ein vergleichender Szenenwechsel: links erschöpfter Heimwerker mit ungenutzten Werkzeugen, rechts zufriedener Hausbesitzer mit professioneller Förderung und Sicherheits-Halo.

Was passiert, wenn etwas schiefgeht?

Ein Haus ist kein DIY-Projekt wie ein Regal aus IKEA. Wenn du etwas falsch machst, dann bleibt es nicht einfach stehen. Es verbreitet sich. Eine undichte Dusche führt zu Schimmel. Ein falsch verlegter Heizkörper verursacht hohe Energiekosten. Eine unsachgemäße Elektroinstallation kann ein Feuer auslösen.

Und dann? Dann musst du den Schaden beheben. Und zwar mit einem Profi. Und der nimmt nicht nur dein Geld - er nimmt auch deine Zeit. Und oft auch deine Ruhe.

Die Stiftung Warentest hat 2023 untersucht: 44 % der Eigenleistenden mussten Nachbesserungen bezahlen. Im Durchschnitt: 1.800 Euro. Das ist mehr als die Hälfte der angenommenen Einsparung.

Und die Gewährleistung? Die gibt es nicht. Ein Handwerker gibt 2 Jahre Garantie. Du? Du gibst nichts. Wenn du später verkaufst, muss du das offenlegen. Und wer kauft ein Haus mit „selbst gebauten“ Elektroinstallationen?

Die klare Faustregel: Wie viel Eigenleistung ist sinnvoll?

Es gibt keine allgemeine Antwort. Aber hier ist eine klare, praktische Faustregel, die du sofort anwenden kannst:

  1. Rechne deine Zeit ein. Wie viel ist deine Stunde wert? 20 Euro? 30 Euro? 50 Euro? Rechne die Stunden, die du investierst, mit diesem Wert aus. Wenn die Zeitkosten höher sind als die Ersparnis, mach es nicht.
  2. Vermeide Risikoarbeiten. Elektrik, Wasser, Dach, Tragwerke - das ist nicht dein Spielplatz. Lass das Profis machen.
  3. Beginne klein. Streiche eine Wand. Verlege einen Boden in einem Zimmer. Teste, wie du mit der Arbeit umgehst. Wenn du Spaß hast und es gut wird - dann erweitere.
  4. Plane mit Puffer. Nimm immer 20 % mehr Zeit und 15 % mehr Material an, als du denkst. Das ist realistisch.
  5. Prüfe deine Versicherung. Deine Haftpflicht- oder Wohngebäudeversicherung zahlt nicht, wenn Schäden durch Eigenleistung entstehen. Frag nach.

Die meisten, die Erfolg haben mit Eigenleistung, sind keine Profis. Sie sind kluge Menschen, die wissen: Sparen heißt nicht, alles selbst zu machen. Sondern, das Richtige selbst zu machen.

Was kommt als Nächstes?

Wenn du jetzt denkst: „Ich will es versuchen“ - dann fang mit einem kleinen Projekt an. Streiche ein Zimmer. Verlege den Boden im Flur. Messe die Zeit. Rechne die Kosten. Vergleiche mit dem Angebot eines Handwerkers. Sieh, wie du dich fühlst.

Wenn du dich danach besser fühlst - dann mach weiter. Wenn du dich erschöpft, frustriert oder überfordert fühlst - dann hör auf. Es ist kein Zeichen von Schwäche, einen Profi zu beauftragen. Es ist ein Zeichen von Weisheit.

Die echte Ersparnis liegt nicht in der Zahl auf dem Konto. Sie liegt in deiner Ruhe. In deiner Zeit. In deiner Sicherheit. Und in der Gewissheit, dass dein Zuhause nicht nur günstig, sondern auch sicher und dauerhaft ist.