Entwicklungsobjekte als Kapitalanlage: Höhere Renditen, aber auch deutlich höhere Risiken

Entwicklungsobjekte als Kapitalanlage: Höhere Renditen, aber auch deutlich höhere Risiken
Immobilien & Bau

Stell dir vor, du investierst 10.000 Euro in ein leerstehendes Haus in einer Stadt mit wachsender Bevölkerung. Ein Jahr später wird es zu 12 modernen Wohnungen umgebaut - und verkauft. Dein Gewinn: 1.800 Euro. Das klingt nach einem Traum. Aber was, wenn der Bau verzögert wird? Wenn die Kosten durch steigende Baupreise um 20 % überschritten werden? Wenn kein Mieter gefunden wird? Dann wird aus dem Traum ein Albtraum. Entwicklungsobjekte versprechen höhere Renditen als klassische Mietimmobilien - aber sie bringen auch deutlich mehr Risiken mit sich.

Was genau sind Entwicklungsobjekte?

Entwicklungsobjekte sind Immobilien, die noch nicht fertig sind - oder die stark saniert werden müssen. Das kann ein leerstehendes Gewerbehaus sein, ein altes Schulgebäude, ein baufälliger Wohnblock oder einfach ein unbebautes Grundstück. Der Investor zahlt nicht für eine fertige Wohnung, sondern für das Potenzial. Der Entwickler kauft das Objekt, plant den Umbau, beantragt die Baugenehmigung, beauftragt Handwerker und verkauft das Ergebnis - entweder als fertige Wohnungen oder als vermietete Objekte.

Das ist kein passives Investment wie eine vermietete Eigentumswohnung. Hier musst du dich mit Bauplänen, Genehmigungsverfahren, Kostenüberschreitungen und Mietsuchenden auseinandersetzen. Es ist kein Sparbuch mit Zinsen - es ist ein Projekt, das du mitfinanzierst. Und wie bei jedem Projekt: Es kann schiefgehen.

Warum locken Entwicklungsobjekte mit höheren Renditen?

Klassische Mietimmobilien bringen heute im Schnitt 4 bis 5 % Rendite pro Jahr. Das ist stabil, aber niedrig. Entwicklungsobjekte versprechen 6 bis 10 %. Warum?

Weil du hier nicht nur für den Boden und die Miete zahlst - du zahlst für den Wertzuwachs, den die Entwicklung schafft. Ein altes Lagerhaus in einer Stadt mit Wohnungsnot kann nach Sanierung doppelt so viel wert sein wie vorher. Der Gewinn entsteht nicht durch Mieteinnahmen, sondern durch die Aufwertung des Objekts. Das ist wie Aktien, die du kaufst, um sie später teurer zu verkaufen - nur mit Beton und Ziegeln.

Die Zinsen der EZB haben das noch verstärkt. Seit 2022 sind die Zinsen von 0 % auf 4 % gestiegen. Das hat die Renditeerwartungen bei Immobilien nach oben gedrückt. Wer heute in Entwicklungsprojekte investiert, erwartet mindestens 8 %, weil die Alternativen - wie Sparbücher oder Anleihen - noch schlechter abschneiden.

Wie funktioniert das heute? Plattformen wie Exporo und Zinsland

Früher brauchtest du Millionen, um in ein Entwicklungsprojekt einzusteigen. Heute kannst du ab 500 Euro mitmachen. Das ist der große Wandel: Crowdinvesting-Plattformen wie Exporo, Conda und Zinsland haben den Markt demokratisiert.

Du wählst ein Projekt aus - zum Beispiel eine Sanierung von 20 Wohnungen in Leipzig. Die Plattform präsentiert dir den Plan, die Kosten, den Zeitplan und die Renditeprognose. Du investierst 1.000 Euro, bekommst einen Anteil am Gewinn und wirst am Ende ausgezahlt - meist nach 18 bis 36 Monaten.

Die Plattformen versprechen Transparenz, kurze Laufzeiten und Risikostreuung. Das klingt gut. Aber Vorsicht: Die Transparenz ist oft nur so gut wie die Angaben des Projektentwicklers. Und Risikostreuung über mehrere Projekte hilft - aber nur, wenn du wirklich in verschiedene Regionen und Projekttypen investierst. Viele Anleger denken, sie streuen, wenn sie fünf Projekte auf Exporo wählen - aber alle liegen in der gleichen Stadt. Das ist keine Streuung. Das ist ein gebündeltes Risiko.

Kleinere Investoren werfen Geld in eine chaotische Baustelle, während ein Entwickler verschwindet und Kostenüberschreitungen überall sichtbar sind.

Die harten Fakten: Was wirklich schiefgehen kann

Die Renditeversprechen klingen verlockend. Aber die Realität ist härter.

  • Verzögerungen: Durchschnittlich dauern Entwicklungsprojekte 6 bis 9 Monate länger als geplant. Baugenehmigungen werden blockiert, Lieferketten brechen zusammen, Handwerker sind knapp. Ein Projekt, das 24 Monate laufen sollte, dauert 36 - und du hast dein Geld gebunden.
  • Kostenüberschreitungen: Im Schnitt steigen die Baukosten um 15 bis 20 %. Beton, Stahl, Fenster, Elektrik - alles teurer geworden. Wer nicht mit einem Puffer von 25 % kalkuliert, läuft Gefahr, am Ende kein Geld mehr zu verdienen - oder sogar Verluste zu machen.
  • Mietausfälle: Selbst wenn das Gebäude fertig ist, muss es vermietet werden. In manchen Städten ist das schwer. In anderen gibt es zu viele neue Wohnungen auf einmal. Dann bleibt eine Wohnung leer - und du bekommst keine Miete.
  • Projektabbruch: 15 bis 20 % aller Entwicklungsprojekte scheitern komplett. Der Investor zieht sich zurück, das Geld ist weg. Ein Bericht von 2010 zeigte: Nach der Finanzkrise mussten 30 % der laufenden Projekte in Deutschland abgebrochen werden.

Und das ist nicht die Theorie. Auf Foren wie Finanzen.net oder Reddit lesen Anleger von Projekten, die seit 18 Monaten stillstehen. Von Entwicklern, die nicht mehr antworten. Von Renditen, die nie ausgezahlt wurden.

Wer sollte das wagen?

Nicht jeder sollte in Entwicklungsobjekte investieren. Das ist kein Investment für Rentner, die sich auf ihre Miete verlassen. Es ist auch kein Spiel für Anfänger, die denken, „500 Euro kann ich ja verlieren“.

Prof. Dr. Dirk Schiereck von der TU Darmstadt sagt klar: „Entwicklungsobjekte sind nur für erfahrene Investoren mit ausreichendem Risikokapital geeignet.“ Das bedeutet: Du solltest so viel Geld haben, dass du es verlieren kannst - ohne deine Lebensplanung zu gefährden. Und du solltest verstehen, was du tust.

Ein Anleger, der 50.000 Euro in ein Entwicklungsobjekt in Dresden investiert hat, sagt auf Reddit: „Ich habe 9,2 % Rendite realisiert - aber doppelt so viele Nerven verloren wie bei meinen klassischen Mietwohnungen.“

Das ist der Kern: Du kaufst nicht nur eine Immobilie. Du kaufst Stress, Unsicherheit und Verantwortung.

Ein Investor blickt von einer Betonklippe auf eine Landschaft aus gescheiterten Projekten, während ein steuerfreier Gewinn als Lichtkreis schwebt.

Wie du das Risiko minimierst

Wenn du trotzdem einsteigen willst - hier sind die Regeln, die dir helfen können:

  1. Wähle den Standort mit Augenmaß: Nicht jede Stadt mit „Wachstumspotenzial“ ist geeignet. Schau auf die Bevölkerungsentwicklung, die Arbeitsplätze, die Infrastruktur. Städte wie Berlin, Hamburg, München oder Stuttgart haben noch Chancen - aber auch hohe Preise. Kleineren Städten mit wachsender Wirtschaft (z. B. Göttingen, Potsdam, Kiel) kann man mehr Chancen geben.
  2. Prüfe den Entwickler: Wer baut? Hat er schon Projekte erfolgreich abgeschlossen? Schau dir seine früheren Projekte an. Gibt es Bewertungen? Hat er eine lange Erfahrung? Ein „Trader-Developer“ mit 10 abgeschlossenen Projekten ist vertrauenswürdiger als ein Neuling mit einem Instagram-Profil.
  3. Rechne mit 25 % Mehrkosten: Wenn der Plan 1 Million Euro kostet, rechne mit 1,25 Millionen. Wenn die Miete 1.000 Euro pro Wohnung bringen soll, rechne mit 800 Euro - weil es Monate dauert, bis sie vermietet sind.
  4. Streue deine Investition: Investiere nicht alles in ein Projekt. Verteile 5.000 Euro auf fünf Projekte in fünf verschiedenen Städten. So vermeidest du, dass ein einziger Misserfolg dein gesamtes Investment ruiniert.
  5. Verstehe die Steuern: Wenn du das Objekt nach 10 Jahren verkaufst, ist der Gewinn steuerfrei. Aber wenn du früher verkaufst, zahlt du Kapitalertragsteuer. Das beeinflusst deine Rendite - und deine Planung.

Die Zukunft: Digitalisierung und Konsolidierung

Der Markt für Entwicklungsobjekte wächst. 2023 wurden über 2,1 Milliarden Euro über Crowdinvesting-Plattformen investiert - das sind 23,5 % mehr als im Vorjahr. Jeder fünfte Investor ist heute unter 40 Jahre alt. Die Digitalisierung macht es einfacher - aber auch gefährlicher.

Einige Plattformen testen Blockchain-Technologie, um Anteile zu tokenisieren. Das könnte die Liquidität erhöhen - du könntest deine Anteile früher verkaufen. Aber das ist noch Experimentierphase. Kein Standard. Keine Sicherheit.

Experten warnen: Der Markt wird sich konsolidieren. Nur professionelle Plattformen mit echten Projekten, klaren Kosten und vertrauenswürdigen Entwicklern werden überleben. Die, die mit falschen Renditeversprechen werben, werden verschwinden - und mit ihnen das Geld vieler Anleger.

Die Zukunft liegt in hybriden Modellen: Projekte, bei denen schon vor dem Bau ein Mieter oder Käufer feststeht. Ein Gewerbeobjekt mit einem 10-Jahres-Mietvertrag. Ein Wohnhaus mit Kaufverträgen vor Baubeginn. Das reduziert das Risiko - und macht die Rendite realistischer.

Entwicklungsobjekte - lohnt es sich?

Ja - aber nur, wenn du weißt, was du tust.

Wenn du nach Sicherheit suchst, bleib bei klassischen Mietimmobilien. 4 bis 5 % Rendite, langfristig, stabil. Das ist kein spektakulärer Gewinn - aber es ist ein zuverlässiger Einkommensstrom.

Wenn du bereit bist, Risiken einzugehen, Zeit zu investieren, dich mit Bauplänen auseinanderzusetzen und Verluste zu akzeptieren - dann kann ein Entwicklungsobjekt deine Rendite verdoppeln. Aber du musst dich darauf einstellen: Es ist kein passives Investment. Es ist ein Job. Mit hoher Belohnung - und hohem Risiko.

Die Frage ist nicht: „Kann ich hier Geld verdienen?“ Die Frage ist: „Bin ich bereit, dafür zu arbeiten?“

Was ist der Unterschied zwischen einem Entwicklungsobjekt und einer klassischen Mietimmobilie?

Eine klassische Mietimmobilie ist fertig und vermietet - du bekommst Miete und wartest auf Wertsteigerung. Ein Entwicklungsobjekt ist noch nicht fertig. Du investierst in den Umbau, die Sanierung oder den Neubau. Der Gewinn entsteht durch die Aufwertung - nicht durch Miete. Es ist aktiver, risikoreicher und zeitintensiver.

Wie hoch ist die durchschnittliche Rendite bei Entwicklungsobjekten?

Die versprochene Rendite liegt meist zwischen 6 % und 10 % pro Jahr. Aber nur 45 % der Projekte erreichen die prognostizierte Rendite. 30 % generieren sogar Verluste. Die tatsächliche Rendite hängt von Standort, Entwickler, Baukosten und Zeitverlauf ab.

Kann ich mit 500 Euro in ein Entwicklungsobjekt investieren?

Ja, Plattformen wie Exporo erlauben Einsteigerinvestments ab 500 Euro. Aber das ist kein Spiel. Selbst bei kleinen Beträgen bist du Teil eines Projekts mit hohem Risiko. Verteile dein Geld auf mehrere Projekte - und sei bereit, es für 2-4 Jahre nicht zu sehen.

Wie lange ist mein Geld gebunden?

Typisch sind 18 bis 48 Monate. Manche Projekte dauern länger - besonders wenn es Baupläne, Genehmigungen oder Mietsuche gibt. Du kannst dein Geld normalerweise nicht vorher abrufen. Es ist eine langfristige Bindung - ähnlich wie bei einer Immobilie, nur kürzer.

Sind Entwicklungsobjekte steuerlich günstiger?

Wenn du das Objekt nach mindestens 10 Jahren verkaufst, ist der Gewinn steuerfrei - genauso wie bei klassischen Immobilien. Bis dahin fallen keine laufenden Steuern an. Aber wenn du vorher verkaufst, zahlt du Kapitalertragsteuer auf den Gewinn - genau wie bei Aktien.

Welche Plattformen sind vertrauenswürdig?

Exporo, Zinsland und Conda sind die größten deutschen Plattformen. Sie haben höhere Transparenzstandards und werden regulatorisch strenger überwacht. Prüfe immer: Wer ist der Entwickler? Hat er Referenzen? Sind die Kosten realistisch? Lies Bewertungen - aber nicht nur die positiven. Such nach negativen Erfahrungen.

Was passiert, wenn das Projekt scheitert?

Du verlierst dein investiertes Geld. Es gibt keine Garantie. Die Plattform ist nur Vermittler - nicht Haftungsträger. Wenn der Entwickler pleitegeht oder das Projekt abgebrochen wird, hast du oft keine rechtlichen Ansprüche mehr. Das ist kein Bankkonto - das ist ein Projekt mit Risiko.

Wie erkenne ich ein unseriöses Projekt?

Wenn die Rendite über 10 % versprochen wird, ist Vorsicht geboten. Wenn der Entwickler keine Referenzen hat. Wenn die Kosten nicht detailliert aufgeschlüsselt sind. Wenn es keine Baugenehmigung gibt - oder nur eine vorläufige. Wenn die Projektbeschreibung vage ist und keine konkreten Daten enthält. Vertrau nicht auf Emotionen - vertrau auf Fakten.